Mit Saft und Krapfen zum Meisterwerk
Almuth Spiegler in „Die Presse“, 24.02.2013
Charity-Auktionen sind eine seltsame Sache. Künstler spenden aus ihrem Fundus, Schnäppchenjäger scharren in den Startlöchern. Der Verein »Seedingart« versucht etwas Neues und versteigert Gemeinschaftsarbeiten von Künstlern und Kindern.
Etwas ratlos stehen alle herum: Eltern, Kinder, Organisatoren, Presseleute – und die Künstlerin. Zenita Komad hatte vorigen Freitag einen Termin, vor dem sie „richtig nervös“ war. Im Zoom-Kindermuseum versammelten sich alle, um ihr zuzusehen, wie sie das erste Mal mit (ihr unbekannten) Kindern zusammenarbeitet. Was für Künstler, vor allem für konzeptuell arbeitende, eine echte Herausforderung sein kann. Maler haben es da vergleichsweise einfach, könnte man denken. Bildhauer auch. Aber Zenita Komad? Mit ihren Energiebahnen und Kraftorten?
Luftballons zerplatzten, Krapfen wurden gegessen, dann musste einer aufs Klo – schließlich hieß es aus, Ende, alle (Erwachsenen) raus. Was letztendlich künstlerisch aus der Session herauskam, die Komad anhand von „integralen Spielen“ nach der sogenannten Engl-Methode bestritt – Spiele, bei denen keiner verliert, es aufs Miteinander ankommt – überraschte letztendlich alle, auch die Künstlerin. Aus einem simplen Vorstellungsspiel etwa, bei dem ein roter Faden von einem Kind zum anderen wanderte, wurden wunderschöne (farblich nachbearbeitete) Fotografien.
Am 13. April werden Teile dieser Serie im Zoom versteigert, von Lichterloh-Design-Händler Christof Stein und Sotheby's-Österreich-Chefin Andrea Jungmann, Obfrau des Vereins „Seedingart“. Zum vierten Mal sammelt die Organisation auf diese Art Geld für das Flüchtlingskinderprojekt „Limda“, das versucht, den Alltag von Kindern asylsuchender Eltern so normal wie möglich zu gestalten. Neben Hilfestellungen bei alltäglichen Problemen wie Arztbesuchen geht man gemeinsam eislaufen, ins Museum, bringt Bastelsachen und feiert Geburtstage.
Mit dem Erlös, der bei der vorigen „Seedingart“-Auktion hereinkam, konnten zwei Teilzeitkräfte engagiert werden. 50.000 Euro schafft man bei einer Charity-Auktion allerdings nur mit namhaften Künstlern – und einem originellen Konzept. Kunstberaterin Alexandra Grubeck wählt dafür jedes Mal um die 30 Künstler aus, die sich bereit erklären, gemeinsam mit Kindern zwischen sechs und 14 Jahren zu arbeiten. Ein oder zwei dieser Werke, die immer auch die Handschrift des Künstlers tragen, werden dann versteigert. Immer wieder natürlich an Eltern der beteiligten Kinder, was auch für eine gewisse Auswahl sorgt. Meist sind also Kinder hier am Werk, die kunstaffine Eltern haben. Sonst würden sie gar nicht erst angemeldet werden.
Mit Stylisten und Profifotografen. Ein Highlight (für die Kinder) war heuer sicher das Fotoshooting der Künstlerin Irene Andessner, die mit eigenem Stylisten die Kinder in ein Tableau vivant nach einem niederländischen Altmeisterbild verwandelte. Heimo Zobernig machte mit seiner Gruppe Streifenbilder, Hans Schabus ließ seine das alte Straßenhinweisschild des „Museums des 20. Jahrhunderts“ durch Papier pausen (Frottage), man kennt das Schild aus seiner letzten Installation im „21er Haus“. Der junge Wurm-Absolvent Merlin Kratky fabrizierte mit den Kindern Comics-Collagen, Andreas Duscha fotografierte Luftballonhunde wie Skulpturen.
Jüngere und arrivierte Künstler sind hier gleichermaßen engagiert. Die Werke werden in etwa zu einem Drittel des Marktpreises des „federführenden“ Künstlers ausgerufen, zwischen 600 und 2000 Euro. Krixikraxi ist hier nicht dabei. Es handelt sich eher um Kinderarbeit. Denn hier wurde diskutiert. Nachgedacht. Geschaffen – und zwar von konzentrierten Kindern und nervösen Künstlern.